Rundfunkdebatte

Anpassung des Rundfunkbeitrages – KOMPAKT

Worum geht es?

Die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfes der Rundfunkanstalten (KEF) hat mit ihrem Bericht vom Februar 2020 empfohlen, ab 2021 für die nächsten vier Jahre den monatlichen Rundfunkbeitrag pro Haushalt um 86 Cent von 17,50 Euro auf 18,36 Euro anzuheben. Nach Beschlussfassung über die Erhöhung durch die Ministerpräsidentenkonferenz muss diese nun gesetzlich verankert werden. Alle Landesparlamente müssen dem ersten Medienrechtsänderungsstaatsvertrag bis 31. Dezember 2020 zugestimmt haben, ansonsten tritt er nicht in Kraft. 14 Landesparlamente haben bereits zugestimmt. In Thüringen steht die Abstimmung unmittelbar bevor. Auch dort wird eine Zustimmung erwartet.

Im Landtag von Sachsen-Anhalt lehnt die CDU die Anpassung ab. Damit stellt sie sich gegen ihre Koalitionspartner SPD und GRÜNE. Zudem würde sie im Erfolgsfalle den Gesetzentwurf zum Staatsvertrag mit den Stimmen der AfD zum Scheitern bringen.

Der Sachverhalt hat sich zur bislang ernstesten Krise der Kenia-Koalition entwickelt.

Was ist bisher passiert?

12.03.2020: Sachsen-Anhalt enthält sich bei der ersten Beratung mit den Ministerpräsident*innen als einziges Bundesland. Vorunterrichtung der Landtage ist erfolgt.

5.06.2020: der Ausschuss für Bund, Europa und Medien im Landtag von Sachsen- Anhalt gibt keine gemeinsame Stellungnahme ab

12.06.2020: Der Landtag von Sachsen-Anhalt debattiert über die Vorunterrichtung zum Staatsvertrag, ohne einen Beschluss zu fassen. Dadurch kann der Vertrag von den Ministerpräsident*innen unterschrieben werden und das parlamentarische Verfahren in allen 16 Bundesländern beginnen.

17.6.2020: Ministerpräsident Reiner Haseloff unterschreibt den Vertrag. Anschließend beschließt das Kabinett die Einbringung des Gesetzentwurfes. Damit ist der Weg frei für die parlamentarische Beratung.

09.09.2020: Einbringung des Gesetzentwurfs in den Landtag.

13.11.2020: Anhörung der Intendant*innen im Ausschuss für Bund, Europa und Medien

02.12.2020: Weil es keine Einigung der Koalition gibt, wird der Ausschuss für Bund,Europa und Medien auf Betreiben von SPD und Grünen unterbrochen und soll am 09.12.2020 fortgesetzt werden. Im Ausschuss ist eine Beschlussempfehlung zur Abstimmung im Landtag zu beschließen.

15.-17.12.2020: Landtagssitzung. Letzte Möglichkeit, um über die Beschlussempfehlung abzustimmen und damit das Gesetz zum Staatsvertrag zu beschließen.

31.12.2020: Spätestes Datum zur Ratifizierung des Staatsvertrags durch den Ministerpräsidenten.

Was ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Übersicht über Programme des ÖRR

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird zusammen aus ARD, ZDF und Deutschlandradio gebildet. Die ARD besteht aus neun Landesfunkanstalten sowie der Deutschen Welle, wobei letztere nicht durch den Rundfunkbeitrag sondern durch den Bundeshaushalt finanziert wird. Jede dieser ARD-Landesfunkanstalten sendet diverse Fernseh- und Radioprogramme. Beispielsweise sendet der MDR als Landesfunkanstalt die Programme MDR Aktuell, MDR Kultur, MDR Klassik, MDR Sachsen-Anhalt, MDR Jump und MDR Sputnik. Des weiteren gibt es Gemeinschaftsprogramme von ARD und ZDF wie den Kinderkanal oder 3sat und Spartenprogramme wie ARD-alpha oder ZDF neo. Hinzu kommen digitale Zusatzprogramme (ARD digital, ZDFvision).

Übrigens: Auf der Homepage der ARD steht Folgendes: “Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist auch nach dem Aufkommen privater bzw. kommerzieller Rundfunkveranstalter in den 80er Jahren weiter tragende Säule des nunmehr dualen Rundfunksystems. Die Zulassung privaten Rundfunks, der nicht die gleichen Anforderungen an die »Breite des Programmangebots und die Sicherung gleichgewichtiger Vielfalt« erfüllt wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk, ist nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an die Funktionsfähigkeit des letzteren gebunden.” Dadurch kommt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine große Bedeutung auch für die privaten Sender zu.

Wie stehen wir zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk?


Wir bekennen uns zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dessen Finanzierung über den Rundfunkbeitrag. Die öffentlich-rechtlichen Fernseh- und Radiosender mit ihren dazugehörigen Online-Angeboten liefern Fakten, abseits vom Quotenhype und Mainstream, durch welche sich jeder ungehindert unterrichten und eine Meinung bilden kann. Des Weiteren soll er zuverlässige Information und vielfältige Meinungen anbieten, die sich an alle Regionen, Schichten und Altersgruppen richtet. Die öffentlich-rechtlichen Sender sichern die Demokratie, da die Berichterstattung sowohl politisch als auch finanziell unabhängig ist.

Wie stehen wir zur Anpassung der Rundfunkgebühr?

Wir halten den Anstieg um 86 Cent pro Monat und Haushalt für moderat und angemessen. Die Anpassung sichert die Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der Beitrag ist in den vergangenen elf Jahren nicht gestiegen und sogar einmal gesenkt worden. Die Erhöhung um 4,9 Prozent ist geringer als die Inflationsrate in dieser Zeit. Laut einer repräsentativen Umfrage spricht sich die Mehrheit der Sachsen-Anhalter*innen dafür aus, dass der Landtag die Anpassung des Rundfunkbeitrag zustimmt.

Was sagt der Koalitionsvertrag dazu?

Im Koalitionsvertrag haben wir einerseits vereinbart, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk fit für die Zukunft zu machen. Und wir haben uns zur Beitragsstabilität verpflichtet. Ein Einfrieren auf 17,50 Euro ist im Koalitionsvertrag nicht vereinbart.Zur Stabilität haben wir uns auch im Bereich der Kommunalfinanzen verpflichtet. Hier haben wir als Koalition insgesamt fast eine Milliarde Euro zusätzlicher Finanzierung bereitgestellt.

Der Koalitionsvertrag hat den Ministerpräsidenten nicht daran gehindert, den Staatsvertrag zur Umsetzung der unabhängigen Empfehlung der KEF zur Anpassung des Rundfunkbeitrags passieren zu lassen. Auch das Kabinett hat einstimmig dafür votiert, den Gesetzentwurf in den Landtag einzubringen. Im Landtag kämpfen wir dafür, dass die eingebrachte Regierungsvorlage nun eine Mehrheit erhält.

Was passiert, wenn Sachsen-Anhalt nicht zustimmt?

Der Rundfunkbeitrag würde zunächst nicht erhöht werden. Mit ihrem Verhalten fügt die CDU unserem Bundesland, der ganzen Republik und dem System eines unabhängigen öffentlich- rechtlichen Rundfunks enormen Schaden zu. Allein der MDR müsste kurzfristig 165 Millionen Euro im laufenden Betrieb einsparen.

Es gilt als sicher, dass die Rundfunkanstalten gegen ihre Unterfinanzierung vor das Bundesverfassungsgericht ziehen würden. Mit großen Erfolgsaussichten, denn das Verfassungsgericht hat in seinen Entscheidungen auch die finanzielle Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stets hoch gehalten. Eine Niederlage vor Gericht wäre ein Debakel für Sachsen-Anhalt und könnte Schadensersatzansprüche auslösen.

Wie wird der Rundfunkbeitrag ermittelt?

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) arbeitet unabhängig. Sie überprüft den Finanzbedarf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland fortlaufend. Das bedeutet, die KEF ermittelt, mit wie viel Geld die Rundfunkanstalten auskommen müssen, um ihren gesetzlichen Auftrag (Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung) zu erfüllen. Die KEF ermittelt auch Entwicklungs- und Einsparpotenziale. Ihre Empfehlung ist grundsätzlich bindend. Von ihr kann nur in engen Grenzen abgewichen werden. Eine solche Abweichung haben die Verhandlungen aller 16 Staatskanzleien und der Ministerpräsidenten nicht erbracht. Es gibt also keinen sachlichen Grund, nun isoliert in Sachsen-Anhalt den Vertrag abzulehnen.

Warum hat die KEF jetzt eine Erhöhung empfohlen?

Die öffentlich-rechtlichen Sender hatten ihren Mehrbedarf für die Jahre 2021 bis 2024 auf drei Milliarden Euro beziffert. Dies hätte einem Rundfunkbeitrag von monatlich 19,20 Euro entsprochen. Nach Prüfung hat die KEF nur eine Erhöhung um 1,5 Milliarden Euro ausgesprochen. Das entspricht einem Rundfunkbeitrag von 18,36 Euro monatlich. Die Mehrkosten haben ihre Ursache wesentlich in der allgemeinen Preisentwicklung, den Tarifabschlüssen für die Mitarbeitenden und in notwendigen Investitionen für die Digitalisierung.

Können die öffentlich-rechtlichen Sender nicht einfach Geld einsparen, anstatt mehr Geld zu kriegen?

Da die KEF nur die Hälfte des angemeldeten Bedarfes anerkannt hat, werden die öffentlich- rechtlichen Sender weitere Sparmaßnahmen umsetzen müssen. Wir sind mit den Intendant*innen im Gespräch und sie haben uns glaubwürdig und klar gezeigt, wie sie Spar- und Rationalisierungsmaßnahmen bereits umsetzen und weiter umsetzen wollen. Dazu gehören Reformen bei der betrieblichen Altersversorgung mit dem Effekt einer geringeren Belastung in zehn Jahren, den Austausch von Beiträgen zwischen den Sendungen (z.B. Wissenschaftssendungen) sowie die Kooperationen und Gemeinschaftseinrichtungen (z.B. Mediathek). Sie haben zudem bereits Stellen abgebaut.

Der bisher eingeschlagene Weg der Sendeanstalten zeigt Wirkung, er muss aber konsequent fortgeführt werden. Insbesondere die Überlegungen zum Ausbau digitaler Angebote und deren Finanzierung innerhalb der Sendeanstalten selbst zu stemmen, findet unsere Anerkennung. Wir erwarten, dass der Beitrag auch in Zukunft stabil bleibt.

Wie stehen wir zu den Gehältern der Intendanten?

Wir wollen die Gehälter der Intendant*innen und der Direktor*innen an im öffentlichen Dienst gewährte Versorgung anlehnen. Da der MDR-Staatsvertrag in unserem direkten Einflussbereich liegt, haben wir versucht, eine Gehalts-Deckelung in der Novelle des MDR- Staatsvertrag zu verankern. Die CDU hat dies abgelehnt. In den letzten Verhandlungen haben sich weder Markus Kurze, medienpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion noch Kulturminister Rainer Robra inhaltlich tiefer eingebracht. Das zeigt, dass sie nicht wirklich an einer Lösung interessiert sind, im Gegensatz zu ihren Äußerungen in der Öffentlichkeit.

Warum müssen alle Haushalte den Rundfunkbeitrag zahlen, obwohl sie möglicherweise die öffentlich-rechtlichen Sender nicht nutzen?

Beim Rundfunkbeitrag handelt es sich um ein Solidarmodell, zu dem alle finanziell beitragen. Der Rundfunkbeitrag gewährleistet, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine gesellschaftliche Aufgabe unabhängig und staatsfern erfüllen kann.

Um Unabhängigkeit von der Politik zu gewährleisten, handelt es sich um einen direkten Beitrag und nicht um eine Steuer. Politik soll keine Möglichkeit haben, nach Gefallen den Geldhahn auf- oder zuzudrehen. So wird Demokratie und Staatsferne des öffentlich- rechtlichen Rundfunks gesichert.

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